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Muss ein Arbeitnehmer nach Feierabend erreichbar sein?

Muss ein Arbeitnehmer nach Feierabend erreichbar sein?

Zu: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. August 2023 – 5 AZR 349/22

Ein Arbeitnehmer muss grundsätzlich nicht in seiner Freizeit für den Arbeitgeber mobil erreichbar sein (vgl. zum Beispiel LAG Thüringen, Urteil vom 16. Mai 2017 – 6 Sa 442/17).

Weist ein Arbeitgeber allerdings in betrieblichen Vereinbarungen darauf hin, dass Einsatzzeiten möglicherweise auch kurzfristig geändert und einem Arbeitnehmer mobil mitgeteilt werden können und er dies abzurufen habe, kann ein Arbeitnehmer auch in seiner Freizeit zum Abruf der Nachrichten verpflichtet sein.

Um einen solchen Fall handelte es sich in dem vorliegenden Fall. Der Arbeitgeber, ein Rettungsdienst, behielt sich in einer Betriebsvereinbarung vor, die Konkretisierung der Arbeitszeit in Schichtplänen kurzfristig auch per SMS mitzuteilen, wobei eine Kenntnisnahme einer solchen Mitteilung noch am Vorabend bis 20.00 Uhr möglich sein sollte. Das Bundesarbeitsgericht hat einen Abruf der Nachrichten auch in der Freizeit als möglich und angemessen angesehen. Es bestehe eine Nebenpflicht aus dem Vertragsverhältnis, die Zuteilung des Dienstes zur Kenntnis zu nehmen, und zwar auch außerhalb der eigentlichen Dienstzeit als Notfallsanitäter. Es bliebe dem Arbeitnehmer überlassen, wo er von der SMS Kenntnis nehmen wolle. Er sei nicht verpflichtet, den gesamten Tag auf eingehende Nachrichten zu achten. Er könne vielmehr die Zeit frei wählen, wann er die Weisung des Arbeitgebers zur Kenntnis nimmt. Der eigentliche Moment der Kenntnisnahme der SMS, so das Bundesarbeitsgericht, stelle sich als zeitlich derart geringfügig dar, dass auch von einer nicht erheblichen Beeinträchtigung der Nutzung der freien Zeit auszugehen und dem Arbeitnehmer die Kenntnisnahme aus den Nebenpflichten des Arbeitsvertrages gemäß § 241 Absatz 2 BGB zumutbar sei.

Praxishinweis: Das Bundesarbeitsgericht klärt vorliegend eine Frage, die seit längerem durchaus umstritten ist, nämlich wann und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer Nachrichten an sein Mobiltelefon in seiner Freizeit zur Kenntnis nehmen muss. Das Bundesarbeitsgericht hat eine solche Verpflichtung zumindest für den Fall bejaht, dass der Arbeitgeber eine solche Pflicht in einer Betriebsvereinbarung konkretisiert und sich diese auf eine schlichte Kenntnisnahme der Nachricht beschränkt. Zu beachten ist, dass eine Kenntnisnahme nicht mit einer unmittelbaren Arbeitsaufnahme verwechselt werden darf. Geht eine mobile Nachricht über eine bloße Kenntnisnahme hinaus, ist dies durch die üblichen Grenzen des Arbeitszeitgesetzes (Rufbereitschaft pp.) sowie des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (Arbeit auf Abruf) beschränkt.

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